GESPINSTE LABYRINTHE ORNAMENTE

Pierre Alechinsky, Anja Billing, Emil Cimiotti, Gunter Damisch, Asger Jorn,
Henri Michaux, Heino Naujoks, Helmut Rieger, Antonio Saura, Karl Schleinkofer,
Helmut Sturm, Yolanda Tabanera, Wolf Vostell

Ausstellungsdauer: 31. Mai 2014

Pierre Alechinsky
Pierre Alechinsky, Peuplade de la Bordure, 1978
Mischtechnik auf Papier auf Leinwand, 90 x 104 cm



In jedem Stil ist das Ornament der Formkeim und das formale Ordnungsprinzip. […] Ornament, verstanden in seiner ursprünglichen Bedeutung: von ordinare kommend und nicht von ornare = schmücken, ordinamentum als elementare Ordnungsform. Unser Ornament ist also nicht Dekor, nicht addiertes Muster, sondern der Formkeim einer räumlich sich entwickelnden und sich verflechtenden Gestaltung, mit deren Hilfe der an sich gestaltlose Raum konkretisiert werden kann. Gruppe GEFLECHT 1965

In der Gruppenausstellung zum Thema GESPINSTE, LABYRINTHE, ORNAMENTE vereinen wir inhaltlich wie zeitlich sehr unterschiedliche Positionen unseres Galerieprogramms.
Dabei ergeben sich unvermutete und erstaunliche Verbindungen, wie etwa zwischen GEFLECHT-Collagen von Heino Naujoks, Helmut Rieger und Helmut Sturm aus den 1960er Jahren einerseits und comicartigen Zeichnungen von Anja Billing von 2008 andererseits.
Aber auch auf anderen Ebenen tun sich Parallelen auf: So spielte innerhalb der Gruppe CoBrA die Ikonographie des Ornaments bekanntermaßen eine wichtige Rolle; für einige ihrer Künstler, wie für Pierre Alechinsky, wurde sie sogar zum wesentlichen Teil der eigenen Bildsprache. Diese Affinität zum Ornament ist nun auch bei den kürzlich entstandenen, großformatigen Collagen der spanischen Künstlerin Yolanda Tabanera zu entdecken.
Zum dichten Figurengemenge der „Cocktailparty“ von Antonio Saura aus dem Jahr 1962 gesellt sich mit dem Siebdruck „T.E.K.“ (1971) von Wolf Vostell ein Labyrinth, das erst auf den zweiten Blick aus Löffeln und Gabeln besteht, vorher aber ganz andere Assoziationen weckt.
Kohlezeichnungen von Emil Cimiotti (1959) und Karl Schleinkofer (Ende 80er Jahre) sowie Bilder und Skulpturen von Gunter Damisch (1999) formen hingegen geheimnisvolle Universen, die ebenso auf Mikro- wie auf Makroebenen verweisen.
Die Ideogramme von Henri Michaux aus den 60er Jahren und ein Luxury Painting von Asger Jorn von 1961 schließlich zeugen vom prozessualen und experimentellen Charakter, der solchen Bildwelten oftmals innewohnt.
Die für diese Ausstellung assoziativ angelegte Zusammenstellung der Werke bildet einen möglichen optischen Ausgangspunkt für die weitere Beschäftigung mit der Frage nach der Bedeutung von ornamentalen und labyrinthischen Strukturen innerhalb der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts; eine Frage, die auch Jacqueline de Jong beschäftigte, als sie 1963 eine ganze Ausgabe ihrer „Situationist Times“ dem Thema Labyrinth widmete.

Gitterartig erwächst aus Bewegungen und Linien und deren Berührungspunkten ein Gespinst […]. Bewegungen durch Zeit und Raum, die auf nichts Eindeutiges, Endgültiges hinauslaufen, bewohnt von Zeichen der Einzelnen, die dem Ganzen inne wohnen und es mit Erzählungen und Erlebnissen strukturieren, die aus dem Ganzen in seiner Unüberschaubarkeit spezielle Orte und Bereiche machen […]. Gunter Damisch 2009